Tagebucheintrag vom 15.01.2006
 
Zurück in Addis Abebba - von Steffen
 

Addis Abebba, den 15.01.2006

Unsere Abschiedsfahrt mit den treuen Simson Schwalben liegt hinter uns. Noch einmal 600 Kilometer uber afrikanische Strassen und Pisten ins Rift Valley nach Awasa, dem suedlichsten Punkt unseres Schwalbenflugs. Das war eine schoene Abschiedstour, obwohl wir von den landschaftlichen Reizen des Grossen Grabenbruchs jetzt nicht allzu sehr begeistert waren. Aber nach den Superlativen des Aethiopischen Hochlands hat es einfach jede Landschaft schwer zu bestehen. Auffaellig waren die wirklich unzaehligen sehr schweren Unfaelle. Komplett zerstoerte LKWs begleiten uns auf der gesamten Strecke. Umgestuerzt, ueberschlagen, aus der Kurve getragen oder in der Mitte der Strasse mit einem anderen LKW kollidiert. Der Zustand der Fahrerhaeuser laesst schlimmes fuer die Insassen ahnen. Auf der Strasse bewegen sich unzaehlige Rinderherden. Schafe kreuzen wild und ziellos und Esel lassen sich mitten im dichtesten Verkehr auf der Fahrbahn nieder. Wir sind ganz schoen gefordert und fahren mit hoechster Aufmerksamkeit. In Janas und Kuratus Pension in Awasa bekommen wir einen Vorgeschmack auf die Heimat. Die Toiletten und die Duschen sind blitzeblank, die Bettwaesche frisch gewaschen und hundertprozent Insektenfrei. Im gepflegten Garten sitzen wir in aller Ruhe, ohne von bettelnden Kindern belagert zu werden. Da gibt es teilweise ganz direkte Forderungen, sehr schoen ist zum Beispiel "bring me the money", oder auch "bring me more money". Meistens sind die jugendlichen Rabauken mit einem kleinen englischen Wortschatz ausgestattet, da bleibt es dann beim kurzen direkten "money". Es gibt auch sehr hoefliche Kinder, viele mit wirklich umwerfendem Grinsen, glattrasiertem Kugelkopf und leichten Segelohren die freudestrahlend "hello money" rufen wenn sie uns erblicken und uns ganz begeistert die Haende schuetteln. Bei vielen haben wir den Eindruck dass sie das Wort Money fuer eine hoefliche  Begruessungsform halten. Also winken wir begeistert und freudestrahlend mit einem "no money" zurueck und das funktioniert dann teilweise wirklich gut.
Ein Schueler der achten Klasse versucht sein Anliegen bei Claudia etwas genauer zu begruenden. Leider ist er in der Schule wohl aehnlich fleissig beim Vokabellernen wie ich das aus eigener Erfahrung kenne. So richtig herausfinden warum er jetzt gerade eine finanzielle Zuwendung braucht koennen wir nicht. Dafuer wechseln wir zum Thema Fussball und da klappt das dann etwas besser.
Wieder zurueck in Addis werden wir von einem freundlichen aber offensichtlich gelangweilten Verkehrspolizisten angehalten. Er moechte unseren Fuehrerschein sehen. Der ist dummerweise schon im Hotel, man traegt in Addis ja immer moeglichst wenig Dokumente und Bargeld mit sich herum. Er meint dann muessten wir zur Polizeistation fahren, unser Moped abstellen, zum Hotel gehen, Fuehrerschein holen, zurueck zur Polizei und dann unseren Strafzettel entgegennehmen und bezahlen. Ich biete ihm an den Strafzettel gleich vor Ort zu bezahlen. Das scheitert augenscheinlich am fehlenden Schreibgeraet. Zweiter Vorschlag, kurze Fahrt ins Hotel um die Ecke und den Fuehrerschein holen. Claudia bietet sich als Pfand an. Auch das lehnt der freundliche Polizist ab. Also gut, wo ist die Polizeistation. Der Beamte macht eine wilde Handbewegung in der Luft. Die Ortsangabe ist doch recht vage. Ich erkundige mich nach der Hoehe des Strafzettels. 150 Birr !, das ist wohl die Haelfte des Monatsgehalts unseres Beamten. Auf zweimalige Nachfrage sinkt der Preis auf 100 Birr..., wir verabschieden uns dann doch freundlich aber bestimmt und wuenschen noch einen angenehmen Abend. Auch unser Polizist wirkt zufrieden und gluecklich und winkt unserer knatternden Schwalbe freundlich hinterher. Manche Dinge lassen sich sehr einfach loesen in Afrika.

 
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