Tagebucheintrag vom 28.12.2005
 
Ins Äthiopische Hochland - von Steffen
 

Gonder, Aethiopien, den 28.12.2005

Das war ein steiler, staubiger und muehsamer Anstieg ins Aethiopische Hochland. Wir sind in Gonder, der Alten Hauptstadt Abessiniens angekommen. Die Abreise aus dem Sudan war recht unspektakulaer. In Gedaref, der letzten groesseren Stadt vor der Grenze verliessen wir die komfortable Teerstrasse und begaben uns auf eine zumindest am Anfang recht akzeptable Erdstrasse. Nach einem kurzen Intermezzo aus feinstem Teer ( 20 km ), mausserte sich unsere Strasse leider zur Geroell und Schutthalde. Tiefer loser kies auf undefiniertem Untergrund machten uns das fahren wirklich schwer. Mit maximal 20km/h krochen wir mit unseren Mopeds in der schwuelen Hitze durch die staubige Einoede. Abwechslung brachten da nur die Zahllosen Kamele uns Zebu-Rinder die zum Viehmarkt getrieben wurden.
Schliesslich erreichten wir nach 160 muehsamen Kilometern am fruehen Nachmittag die sudanesische Grenzstadt Gallabat. Die Ausreiseformalitaeten waren problemlos, ein paar Stempel, einen Eintrag da. Wir verlassen mit dem Sudan den Arabisch gepraegten Norden des Kontinents und die Islamische Welt.
Fuenfzig Meter weiter ueber die Bruecke erreichen wir Aethiopien, das einzig niemals kolonisierte Land Afrikas.
Die Grenze zwischen dem Sudan uns Aethiopien ist eine echte Grenze. Zwei unterschiedliche Kulturkreise grenzen hier aneinander. Genauso ist es auch eine geographische Grenze. Aethiopien beginnt wo die Berge beginnen. Die Westabdachung des Aethiopischen Hochlandes bildet die Grenze zur sudanesischen Ebene.
In Aethiopien erwartet uns die legendaere Einreisebehoerde die sich gleich vor Ort vom Kunden beurteilen laesst. Gemeinsam mit der Arrival Card fuellt man auch die Beurteilung fuer den Beamten aus. Demonstrativ haengt im Immigration Office ein Plakat mit Werbung fuer Dashen Bier, der abstinente Teil der Welt liegt jenseits der Bruecke.
Unsere Zolldeklarationen fuer die Fahrzeuge muessen wir im 37km entfernten Shehedi erledigen. Es ist in der Zwischenzeit schon halb vier, trotzdem entschliessen wir uns zur Weiterfahrt.
Die Piste auf Aethiopischer Seite ist deutlich besser, aber leider haben es die Strassenmeister fuer Zweiradfahrer etwas zu gut mit dem groben Schotter gemeint. Unsere Mopeds schwimmen im losen Geroell und sind fast nicht zu kontrollieren. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir den Zollposten. Die Beamten sind leger gekleidet und ueberaus freundlich. Uebernachten koennen wir im Zelt im Zollhof. Wir sind fix und fertig und nach einer Dusche im Zollgebaeude gehen wir zum Essen, die erste Injera auf dieser Reise. Die Luftfilter unserer Mopeds sind total versandet, die Zuendkerzen  vom untertourigen Fahren komplett verrusst. Dennoch, die beiden Simsons laufen und laufen...
Neuer Tag und neues Glueck, wir beginnen die Fahrt mit einem daemlichen Schaf dass Claudia und ihre Schwalbe aus dem Gleichgewicht bringt. Ein paar freundliche Aethiopier vertreiben das Tier und helfen Claudia wieder auf das Moped.
Es wird einer der haertesten Tage unserer bisherigen Tour. Noch nie hatten wir eine so staubige Piste. Dazu kommt der doch recht heftige LKW Verkehr. Jeder dieser hochbepackten Brummis sandet uns so komplett ein dass wirklich gar nichts mehr zu sehen ist. Schliesslich erreichen wir die ersten Anstiege in die Berge. Unser Ziel liegt auf 2200m, gestartet wird in der Nilebene.
Wir sind beide koerperlich nicht hundertprozentig fit. Claudia zaehlt lieber die Koerperteile die nicht schmerzen ( geht schneller ), und bei mir hat sich eine Erkaeltung breitgemacht. Die Sauerstoffversorgung funktioniert weder ueber Nase noch ueber den Mund optimal, komme mir vor wie meine Schwalbe mit ihrem verstopften Luftfilter.
Dennoch, die Landschaft ist atemberaubend. Der Weg in die Berge ist der landschaftliche Hoehepunkt unserer Reise. Mit jeder Serpentine schrauben wir uns hoeher. Im ersten Gang kaempfen die fuenftig Kubikzentimeter unserer Motoren gegen die Steigungen, die hitze und den Staub an. Vorbei an Getreidefeldern und kleinen Doerfern fahren wir immer tiefer in dieses einzigartige afrikanische Land. Im Moment ist Erntezeit. Die Menschen sind auf den Feldern und ernten Tef, eine Hochlandgetreidesorte die das Mehl fuer die Injera, den sauren aethiopischen Brotfladen liefert.
Wir erreichen schliesslich Azezo. Hier beginnt die Teerstrasse. Fuer uns ist die Zeit der langen Pistenfahrten fuers erste vorbei. Bis Addis Abebba gibt es, mit kurzen unterbrechungen, eine Teerstrasse. Unsere treuen Mopeds haben ihre Bewaehrungsprobbe bestanden. Durch die Wueste, hinein in die Berge. Es geht auch mit fuenfzig Kubik und 3,4 PS. Wir machen morgen erstmal einen Ruhetag in Gonder, wir sind ja durch den Zwangsaufenthalt in Aegypten eine Woche hinter unserem Zeitplan. So muessen wir uns langsam Gedanken machen wie wir die letzten vier Wochen unserer Reise gestalten wollen. Ob wir von Addis Abebba die Heimreise antreten oder noch weiter bis Kenia fahren. Aethiopien ist ein faszinierendes Land, viel zu schade um einfach durchzufahren.

 
 
 
 
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