Tagebucheintrag vom 06.01.2006
 
Fahrt durch die Schlucht des Blauen Nil - von Steffen
 

Goha Tsiyon, den 06.01.2006

Wie ein tiefer Graben schneidet die Schlucht des Abbay  das Aethiopische Hochland in zwei Teile. Der gewaltige Fluss hat sich einen gewaltigen Canyon in das Vulkanische Gestein gegraben. Ganz am Boden der Schlucht steht die Strassenbruecke die noch auf das kurze erfolglose Koloniale Intermezzo der Italiener zurueckgeht.
Wir erreichen nach 70 kilometern von Debre Markos kommend die Abbruchkante der Schlucht. Der Teerbelag der Strasse hoert auf, die Schotterpiste geht steil bergab. Vorsichtig fahren wir auf dem teilweise losen Geroell an den steilen Abbruechen hinein in den Canyon. Ein grossartiges Naturschauspiel dass wir uns leider nur hin und wieder genauer anschauen koennen. Die schwierige Piste und die vielen Lastwagen auf der Strecke fordern unsere ganze Aufmerksamkeit. Jeder Lastwagen staubt uns gehoerig ein, wir sind das ja schon gewohnt von den Staubpisten im Norden des Kontinents. Die Bremsen unserer Mopeds werden ganz schoen beansprucht, genauso wie die Federung und die Reifen. Scharfkantiges Geroell und grosse kantige Steine auf der Piste zehren am Material. Viel LKWs bleiben mit qualmenden Bremsen oder geplatzten Reifen liegen. Fast 20 kilometer fahren wir bergab bevor wir schliesslich den Fluss und die Bruecke erreichen. Bei der Bruecke herrscht fotografierverbot. Es ist die einzige Strassenbruecke fuer den Nord -Sued Verkehr im Hochland und deshalb von besonderer strategischer Bedeutung.
Wir ueberqueren den Abbay und verabschieden uns vom Blauen Nil. Auf dieser Reise werden wir den Fluss wohl nicht mehr besuchen. Der Aufstieg ist fuer unsere Mopeds jetzt die letzte grosse Bergwertung der Reise. Eine besonders schwere noch dazu. Auf den naechsten zwanzig Kilometern muessen sie ueber 1000 hoehenmeter ueberwinden, und das auch noch auf geroell und Schotterpiste. Anfangs schlagen sich die beiden Schwalben ganz gut. Nach dem ersten drittel des Aufstiegs treffen wir auf einen alten VW- Bus am Strassenrand. Bully und Fahrer stammen von der schwaebischen Alb und das Auto braucht eine kleine Abkuehlpause bevor die Fahrt weitergehen kann. Wir klettern weiter nach oben und erreichen schliesslich das letzte Viertel des Aufstiegs. Hier geht es in extrem steilen Serpentinen ueber die oestliche Abbruchkante der Schlucht. Mit schleifender Kupplung schaffe ich es gerade so die Weisse Schwalbe durch die erste Kurve zu bringen. Claudia hat mit der Blauen Diva weniger Glueck. Mitten in der staerksten Steigung bleibt unsere Blaue Schwalbe einfach stehen. Augenscheinlich ist dieser Pistenabschnitt nicht nach dem Geschmack unserer Diva, sie liebt die Teerstrasse. Wir wechseln die Zuendkerze. Fuer eine kurzen Moment scheint das Problem behoben, doch nach fuenfzig metern steht das Moped wieder. Die Abbruchkannte ist mittlerweile schon in Sichtweite drei steile Serpentinen ueber uns. Die Benzinzufuhr wird ueberprueft und der Kerzenstecker noch einmal ueberprueft. Auf die schnelle ist kein Fehler feststellbar. Nach kurzer Pause laesst sich das Moped wieder antreten. Der Motor laeuft. Mit schleifender Kupplung fahre ich die Schwalbe durch den steilsten Abschnitt, immer wieder von ploetzlichem Leistungsverlust geplagt aber schliesslich steht auch die Blaue Diva am Fusse der Abbruchkante. Noch fuenfhundert steile Meter bis zur Teerstrasse. Claudia ist in der zwischenzeit zu fuss eingetroffen. Wir bringen die Mopeds in Position und mit jaulenden Motoren geht es bergauf. Wir passieren das Schild der Japanischen Strassenbauer. Japan hat der Republik Aethiopien im Rahmen der Grossen Hilfe eine Teerstrasse spendiert. Wir danken den Japanern an dieser stelle noch einmal ganz herzlich fuer diese noble Geste.
Das Ende des Anstiegs ist erreicht, die Strasse bis Addis Abebba hat einen famosen Teerbelag und einen Mittelstreifen, wir sind auf dem Weg in die Aethiopische Hauptstadt. Mit dem Strassenbelag verbessert sich auch die Laune unserer Blauen Diva. Anstandslos fliegt sie wieder ueber den schwarzen Belag. Im naechsten Ort schlagen wir unser Nachtlager im Africa Hotel auf. Kleine preiswerte Herbergen fuer Menschen mit nicht allzu grossen Anspruechen gibt es ueberall in Aethiopien. Im Restaurant des Hotels gibt es die uebliche Injera mit verschiedenen Gemuesegerichten. Heute ist das orthodoxe Weihnachtsfest und damit endet auch die Fastenzeit erst morgen.
Unsere morgige Etappe bis Addis Abebba ist mit 160 km relativ kurz. Wenn alles klappt werden wir gegen Mittag dort eintreffen und uns einen Uebernachtungsplatz  fuer die naechsten Tage suchen.

 
 
 
 
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